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BANKENMARKT / BANKING 4.0

Open Banking als Treiber für stärkere Geschäftskunden-Bindung für Banken

Daten sind auch im Banking der „Grundstoff“ für Prozesse und Entscheidungen. Dabei ist entscheidend, dass Bankkund/innen ihre Daten standort- und unternehmensunabhängig nutzen können. Beispielsweise sind Finanzdaten nicht nur im E-Banking notwendig, sondern auch in die Buchhaltung laufend zu integrieren oder Voraussetzung für Kreditchecks bei Drittanbietern.

Um nun seine Daten mit Dritten teilen zu können, bedurfte es bisher oft manueller Down- und Uploads. Dank einer fortschrittlichen EU-Regulierung, der Payment Services Directive 2 (PSD2), haben Bankkund/innen nun das Recht, ihre Daten europaweit mit Finanzdienstleistern, wie Softwaredienstleistern oder Drittbanken, zu teilen. Sie bleiben damit einerseits Souverän ihrer (Finanz-)Daten. Andererseits vereinfacht die Regulierung für Geschäftskund/innen die einfache und gemeinsame Nutzung von Dienstleistungen verschiedener Anbieter.

Wo zuvor die Finanzverantwortlichen im Unternehmen auf eine Vielzahl von Tools, Bank-Portalen oder andere Anwendungen zurückgreifen mussten, um sich Transparenz bei der Unternehmensliquidität zu verschaffen, genügt heute der Blick auf ein einzelnes Dashboard. Mit Hilfe von Open Banking finden sich dort in Echtzeit alle Bankdaten und bieten die Grundlage für das teil-automatisierte Abdecken vieler anfallenden Arbeitsprozesse.

Aber nicht nur die Convenience für Verbraucher/innen steigt, im Ergebnis beschleunigt „Open Banking“ sowohl Wettbewerb als auch Innovationskraft in der Finanzbranche.

Die Plattformökonomie im Bankwesen

 

Die Grundlagen dafür sind, auf technischer Seite, Schnittstellen (sog. Application Programming Interfaces oder APIs) und, auf rechtlicher Seite, die bereits genannte europäische Regulierung PSD2.

Unterscheiden lässt sich Open Banking in Kontoinformationsdienste (KID) oder englisch Account Information Service Providers (AISP) und in Zahlungsauslösedienste (ZAD) bzw. Payment Initiation Service Providers (PISP). Bei Letzterem können zusätzlich zur Einsicht der Konto- und Umsatzdaten auch Zahlungstransaktionen über die Drittanbieter beauftragt werden. Das heißt, die Kund/innen von Banken nutzen ihre bereits vorhandenen Konten und geben ihre Zustimmung, dass PISP-Anbieter Zahlungsaufträge für ebendiese entgegennehmen, zur Ausführung legitimieren und weitergeben dürfen.

Diese Möglichkeit zur Kooperation zwischen Finanzinstituten und -dienstleistern ist die Grundlage der aktuellen Revolution bei verschiedenen Finanzprodukten. FinTechs und Banken können so gemeinsam bisher ungedeckte Bedürfnisse von Firmen- oder Privatkund/innen erfüllen. Softwaredienstleister können so beispielsweise interne Zahlungsfreigabetools für KMU entwickeln, ohne dafür ein, zum Stamm-Bankkonto kompetitives, Zahlungsprodukt auf den Markt bringen zu müssen. Darüber hinaus lassen sich auch vorhandene Banking-Produkte verbessern und die Dienstleistungsangebote einer Bank können in Gänze neu gedacht werden.

Embedded vs. Open Banking

Im Gegensatz zu diesen neuen Finanzdienstleistern auf der Basis von Open Banking stehen die Neobanken – vollständig digitale Banken. Das heißt, bei diesen erfolgt alles, vom Abschluss eines Kontos über das Beantragen eines Kredites bis hin zur Beratung zu Finanzprodukten, virtuell. Die jeweiligen Neobanken adressieren häufig eine spezifische Zielgruppe und attackieren Marktanteile der klassischen Banken in diesem Bereich. Einige Neobanken verfügen dabei über eine eigene Bankzulassung. Die meisten Neobanken aber arbeiten mit einer lizenzierten Bank zusammen, die ihre Banklizenz (als sogenannte Banking-as-a-Service Dienstleistung) zur Verfügung stellen. Neobanken stellen somit einen direkten Wettbewerb für Bankinstitute dar, ohne sich mit den Komplexitäten und Strukturen einer Bank arrangieren zu müssen.

Was sind nun die Vorteile des Open Banking gegenüber dem Neo Banking? Neobanken bieten überwiegend dieselben Leistungen wie klassische Banken an bzw. sind noch begrenzt in der Angebotsauswahl (besonders in der Bereitstellung von Kredit- und Anlageprodukten). Im Gegensatz dazu ergänzt Open Banking die Finanzdienstleistungen um zusätzliche Services, die vorher nicht abgedeckt werden konnten, auf eine kollaborative Art und Weise zwischen Drittpartei und Großbank. Dadurch gibt Open Banking den Kund/innen mehr Kontrolle und Transparenz über die eigenen Finanzen, behält aber die Loyalität bei der Stammbank.

Noch etwas macht Open Banking attraktiver: die Effizienzsteigerung ist um ein Vielfaches größer als bei Neobanken. Prozesse, die sonst über mehrere Anbieter/Programme hinweg durchgeführt wurden, können nun digital und ohne Fehlerquellen innerhalb einer Anwendung in Echtzeit abgebildet werden. Der daraus entstehende Mehrwert ist nicht nur auf die Anbieter dieser Anwendungen beschränkt, sondern bietet auch den klassischen Banken sowie ihren Kund/innen Vorteile.

Außerdem ist das “kommerzielle Potenzial” von Open Banking als Geschäftsmodell enorm. Banken können ihre Kund/innen – auch grenzüberschreitend – umfassender begleiten. Sie agieren als zentraler Dienstleister, der Zugriff auf ergänzende digitale Angebote bietet. So erhalten Kunden/innen neben Cashflow Management, Forecasting, Multibanking, automatischer Kategorisierung von Transaktionen, Finanzierung (u.A. durch Revenue-based Financing), auch Rechnungsmanagement und -zahlung sowie Firmenkarten als Dienstleistungsangebote. Das ist die große Innovation, auf die kund/innenseitig lange im Bankgeschäft gewartet wurde.

Open Banking ist Banking so wie es Kund/innen im 21. Jahrhundert erwarten – flexibel, transparent, kundenzentriert und „aus einem Guss!“

Alexander Gulcz,
Head of Business Development | Airbank

Veröffentlichung am 21. Oktober 2022

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