Technologiechef und Mitgründer von Elinvar: Sebastian Böttner
MITTELSTAND / BRANCHEN

Vermögensanlage digital

Das Fintech Elinvar aus Berlin und Magdeburg baut mit vielfältigen Partnern eine Plattform für digitale Vermögensverwaltung as a Service auf. Mit Erfolg. Seit 2016 ist das Unternehmen auf rund 130 Mitarbeiter/innen gewachsen und hat jüngst eine neue Finanzierungsrunde über 25 Millionen Euro auf die Beine gestellt – mit namhaften Investoren.

Im Hinterhof eines Altbaus am Prenzlauer Berg erstrecken sich auf zwei Etagen lange Büroflächen mit unverputztem Mauerwerk, bodentiefen Sprossenfenstern und glänzender italienischer Espressomaschine. Einige Arbeitsplätze sind leer, viele Mitarbeiter/innen arbeiten remote. Dennoch schlägt hier das Herz von Elinvar, einem Shootingstar in der Fintech-Szene, der mit einer digitalen Wealthtech-Plattform für Banken und Vermögensverwalter wächst und wächst. Nicht ohne Grund steht das Unternehmen mit ostdeutschen Wurzeln auf der Shortlist für den Fintech Germany Award 2021.

Vor fünf Jahren gegründet, hat das Unternehmen bereits mehr als 100 Kolleginnen und Kollegen in Berlin und rund 25 am zweiten Standort Magdeburg an Land gezogen. Tendenz weiter steigend. Parallel konnte das Team bei einer Finanzierungsrunde Anfang des Jahres weitere 25 Millionen Euro einwerben, unter anderem von der britischen Investmentfirma Toscafund Asset Management als Leadinvestor. Insgesamt hat Elinvar damit 50 Millionen Euro Risikokapital eingesammelt. Zu den Gründungsinvestoren zählen die Talanx-Tochter Ampega Asset Management und der frühere Company-Builder Finleap. 2019 stieg sogar Goldman Sachs aus New York mit ein. Nun sitzt Technologiechef und Mitgründer Sebastian Böttner an einem langen Besprechungstisch aus massivem Holz und erzählt, wie es dazu gekommen ist.

Das Unternehmen mit ostdeutschen Wurzeln steht auf der Shortlist für den Fintech Germany Award 2021.
Anforderungen und Kundenwünsche an Vermögensverwaltung steigen seit Jahren. Mehr Individualisierung und eine ständige Abrufbereitschaft von Zahlen und Daten erfordern eine Digitalisierung der Branche unter Einhaltung aller Regularien.

Die Kulisse für die Erfolgsgeschichte liegt auf der Hand: Anforderungen und Kundenwünsche an Vermögensverwaltung steigen seit Jahren. Mehr Individualisierung und eine ständige Abrufbereitschaft von Zahlen und Daten erfordern eine Digitalisierung der Branche unter Einhaltung aller Regularien. Umso mehr benötigen gerade private Banken und Vermögensverwalter eine moderne IT, die diese Anforderungen erfüllt, ohne dafür die gesamte Infrastruktur selbst aufbauen zu müssen. In diese Bresche springt Elinvar. „Wir bilden mit unserer digitalen Plattform die gesamte Wertschöpfungskette der Vermögensanlage ab und verfügen dafür über die nötigen BaFin-Lizenzen“, sagt Böttner.

Zum Angebot der Firma gehören Applikationen für Kundenmanagement, Online-Abschlussstrecken, Portfoliomanagement und Quartalsberichte, für Rechnungsstellung, digitale Kundenzugänge und Online-Kommunikation sowie den Anschluss von Drittdienstleistern. „Wir liefern dabei keine Software von der Stange, sondern bieten unseren Partnern mit unseren Servicepaketen individuelle, konfigurierbare Lösungen, die das jeweilige Geschäftsmodell unterstützen“, betont Böttner. „Wir verstehen uns als Plattform as a Service.“ Wie in einem App-Store sollen sich die Kunden/innen Applikationen heraussuchen oder sogar eigene Lösungen auf der Plattform anbieten können.

Elinvar selbst müsse nach außen nicht sichtbar werden, sondern werde unter dem Label der Kunden/innen in deren Systeme integriert. „Wir wollen unsere Partner besser machen und nicht in Konkurrenz zu ihnen treten“, sagt der Mitgründer. Zu den Partnern zählen traditionsreiche Adressen wie M.M. Warburg, Donner & Reuschel und die Fürstlich Castell’sche Bank, aber auch die DKB-Bank und „Klarwert“ als neue Tochter der Volksbank Bielefeld-Gütersloh. Bis zum Jahresende will Elinvar das Volumen der Vermögenswerte, die auf der Plattform gemanagt werden, auf mehr als zehn Milliarden Euro erhöhen. Profitabel sei Elinvar selbst noch nicht, räumt der CTO ein. Dies sei auch nicht unüblich. Das Ziel für die kommenden Jahre sei zunächst weiteres Wachstum. Erst mittelfristig sollen Gewinne erwirtschaftet werden. „Der Aufbau einer solchen Plattform erfordert sehr viel Geld, wie in anderen Branchen auch“, sagt der CTO. Sogar ein Börsengang sei zukünftig denkbar, stehe aber aktuell nicht auf der Agenda.

Vor fünf Jahren gegründet, hat das Unternehmen bereits mehr als 100 Kolleginnen und Kollegen in Berlin und rund 25 am zweiten Standort Magdeburg an Land gezogen.
Zum Angebot der Firma gehören Applikationen für Kundenmanagement, Online-Abschlussstrecken, Portfoliomanagement und Quartalsberichte, für Rechnungsstellung, digitale Kundenzugänge und Online-Kommunikation sowie den Anschluss von Drittdienstleistern.

Böttner kennt das Geschäft seit vielen Jahren. In seiner Heimatstadt Magdeburg hat er Informatik und Betriebswirtschaft studiert und sich, so erzählt er, schon früh für Finanzmärkte interessiert. Seine Karriere startete er bei einer Magdeburger Firma, die Softwarelösungen für Wertpapierhandel entwickelte. Von dort zog Böttner zu J.P. Morgan nach London und später zur UBS-Group. 2016 wechselte er zu Finleap nach Berlin. Dort lernte er seine Mitgründer Chris Bartz und Marco Neuhaus kennen, die sich mit einer neuen Idee für digitale Vermögensverwaltung beschäftigten. „Wir haben uns auf Anhieb hervorragend verstanden und gut ergänzt”, erzählt er. Das Trio entschied sich für die gemeinsame Gründung, Finleap wurde zum Gesellschafter. Ende 2016 betrat Elinvar die Bühne der Fintech-Welt.

Auf das Standbein in Magdeburg legt Sebastian Böttner dabei großen Wert. „Magdeburg ist ein hervorragender Standort für die Entwicklung von Finanztechnologie“, betont er. „Die Universität, die Hochschule Magdeburg-Stendal und IBM bilden ein relevantes Ökosystem, das uns die Möglichkeit bietet, weiter zu wachsen.“ Dort könnten junge Leute in ihrer Heimat verwurzelt bleiben – und dennoch für ein angesagtes Start-up in Berlin arbeiten.

Interview und redaktionelle Bearbeitung durch: Sven Heitkamp | Freier Journalist | Leipzig
(Bildquellen: Elinvar)

Veröffentlicht: 19. August 2021

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