Matthew McDermott, SpinLab Leipzig (Bildquelle: SpinLab, Eric Kemnitz)
MITTELSTAND / WIRTSCHAFTSSTANDORT

Ein Ort zum Spinnen

In Leipzig steht eine der erfolgreichsten Startrampen für Gründer im Osten: Das SpinLab. Der preisgekrönte Inkubator im Herzen einer großen alten Baumwollspinnerei steht für innovative Ideen – und wächst weiter.

Als der Wagniskapitalfonds Venionaire Capital kürzlich das neueste Ranking der europäischen Accelerator-Landschaft veröffentlichte, ließ ein Ergebnis besonders aufhorchen. Platz 2 in Deutschland und Rang 17 in Europa belegt ein Neueinsteiger aus dem Osten: Der Leipziger Start-up-Inkubator SpinLab. Der Brutkasten für junge Unternehmensideen schreibt seit 2014 eine Erfolgsgeschichte Ost und wird mittlerweile von 29 großen Partnern wie der Deutschen Bank, KPMG und Porsche, der AOK Plus, der Verbundnetz Gas AG (VNG) und der kommunalen Leipziger Unternehmens-Gruppe unterstützt. Nun taucht die Ausgründung aus der renommierten, privaten Handelshochschule Leipzig (HHL) auch auf dem internationalen Radar auf.

Zweimal im Jahr werden im SpinLab sechs bis zehn Start-ups aufgenommen und mit einem kostenfreien Rundumsorglos-Paket gefördert: Neben finanziellen Hilfen von bis zu 15.000 Euro vom SpinLab, von der Stadt Leipzig und durch Sonderpreise bekommen die Gründerteams Zugang zu Servern, Software und Sponsoren, vor allem aber Unterstützung durch Coachings, Mentoren und Workshops. Sie treten ein in ein weit gespanntes Netzwerk aus Unternehmen und Partnern und können sich bei Demo-Days und Investorentagen millionenschweren Risikokapitalgebern präsentieren, erzählt Matthew McDermott. Der 34-jährige Innovation & Business Development Manager ist ein Mann der ersten Stunde im SpinLab.

Spinnereigelände, SpinLab, Leipzig (Bildquelle: SpinLab, Eric Kemnitz)
SpinLab Leipzig (Bildquelle: SpinLab, Eric Kemnitz)

Inzwischen kümmert sich ein achtköpfiges Team um die Betreuung, Begleitung und Beratung der Start-ups – und das in einer kreativen Co-Working-Atmosphäre in cooler Umgebung: Das SpinLab liegt hinter historischen Backsteinmauern, wo im vorigen Jahrhundert Europas größte Baumwollspinnerei rotierte. Heute ist die weitläufige Fabrikstadt ein Kosmos von Künstlern und Galeristen, Gründern und Geschäftsleuten. Auch Malerstar Neo Rauch ist dort zu Hause. Das SpinLab residiert im 2. Stock von Halle 14. Der 120 Jahre alte Fabrikkoloss aus roten Ziegeln bildet eine leicht abgerockte Kulisse für neue Shootingstars. Das Treppenhaus ist mit Graffiti besprüht, der Geruch alten Öls hängt in den Gängen – Ausdünstungen der Geschichte. Heute stehen zwischen den rostbraunen Stahlträgern viele Schreibtische, im Empfangsbereich baumelt eine Riesenschaukel für Besprechungen und Teamfotos.

An einem der Tische sitzt Sebastian Hecker, einer der drei Gründer von we-do.ai: Das Start-up entwickelt Software-Lösungen auf Basis Künstlicher Intelligenz. „Im ersten Schritt schauen wir gemeinsam mit den Unternehmen, in welchen Bereichen Künstliche Intelligenz sinnvoll eingesetzt werden kann, um im zweiten Schritt eine individuelle KI-Software-Lösung zu entwickeln”, sagt der 42-jährige Diplomkaufmann. Das SpinLab sei für we-do.ai ein idealer Türöffner und eine Drehscheibe zu Partnern und Kunden. „Das SpinLab ist perfekt, um uns bekannt zu machen und mit Unternehmen unterschiedlicher Branchen zusammenzubringen.”

Gründerteam von we-do.ai | von links: Sebastian Stephan, André Naumann, Sebastian Hecker (Bildquelle: wedo.ai)
Office, SpinLab Leipzig (Bildquelle: SpinLab, Eric Kemnitz)

Tatsächlich ist die Bilanz des Accelerators beeindruckend: 46 Millionen Euro haben die Start-ups im SpinLab bereits eingeworben und 55 Preise gewonnen. Von 51 geförderten Teams sind 43 junge Firmen noch immer am Markt und haben mehr als 400 Jobs geschaffen. Zu ihnen gehört eine bunte Palette heute erfolgreicher Firmen: Rhebo, ein Experte für Cybersicherheit in der Industrie 4.0. Wundercurves, Onlineshop für ausgesuchte Damenmode in großen Größen. Sensape, Anbieter für interaktives Infotainment, das mit großen Firmen in der halben Welt Schaufenster bespielt. Dipat, ein Anbieter für digitale Patientenverfügungen. Und Texlock, eine Marke für Fahrradschlösser aus leichten Spezialtextilien. Viele Gründer sind noch immer auf dem alten Spinnerei-Gelände zu finden. Denn nach dem Förderprogramm erhalten einige Start-ups die Chance, im benachbarten „Spin Office“ zu bleiben und sich weiterzuentwickeln. Die Flächen sind komplett vermietet.

„Die Erfolge zeigen uns“, sagt Matthew McDermott in charmanter Untertreibung, „dass wir nicht auf dem Holzweg sind.“ Es werde zunehmend leichter, Partner zu finden. Auch die Zahl der Bewerbungen steige von Mal zu Mal. Für jede neue Klasse bewerben sich mittlerweile weit mehr als 200 Kandidaten um die begehrten Plätze. Inzwischen wird bereits geplant, sich deutlich zu vergrößern: Halle 7 des Spinnereigeländes, die gerade komplett saniert wurde, soll voraussichtlich nächstes Jahr neue Heimstatt des SpinLabs werden. Statt bisher rund 1500 Quadratmetern stehen dort bis zu 5500 Quadratmeter bereit. Diesen Sommer will das SpinLab zudem einen achtstelligen Smart-Infrastructure-Fonds mit Geldern von Unternehmen aus der Region und von Banken auflegen, um Start-ups in der Frühphase zu fördern. Weiteres Wachstum ist damit programmiert.

Atmosphäre SpinLab Leipzig (Bildquelle: SpinLab, Eric Kemnitz)
Beratung, SpinLab Leipzig (Bildquelle: SpinLab, Eric Kemnitz)

Interview und redaktionelle Bearbeitung durch: Sven Heitkamp | Freier Journalist | Leipzig

(Bildquelle für Beitragsbild und Slider auf HomeSite: SpinLab, Eric Kemnitz)

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