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#FridayThoughts

Vielfalt im Bankenwesen - Diversität im Blick

Diversität – oder Vielfalt – gewinnt in einer zunehmend globalisierten Welt immer mehr an Bedeutung, gerade auch im Wirtschaftsleben. Das Stichwort umfasst eine breite Palette an Dimensionen wie Geschlecht, Alter, ethnische Herkunft, sexuelle Orientierung, Religion und viele weitere. Doch warum beschäftigen sich Unternehmen mit dem Thema – bzw. sollten dies auch tun?

Warum diverser werden?

Ein wesentlicher Grund liegt in der Erkenntnis, dass vielfältige Teams kreativer, innovativer und erfolgreicher sind.

Studien[1] bestätigen, dass Unternehmen, die Diversität fördern, ihre Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz steigern. In Europa sind mit Frauen und Männern gemischte Führungsteams mit einer um 62 % erhöhten Wahrscheinlichkeit überdurchschnittlich profitabel. Ethnisch diverse Führungsteams zeigen ebenfalls überdurchschnittliche Profitabilität gegenüber weniger diversen Teams.

Die Förderung von Diversität wird auch im Bankwesen zunehmend als strategischer Vorteil erkannt. Und das in einer Branche, die hierzulande eher als traditionell homogen gilt. Auch in der Commerzbank sehen wir, dass vielfältige Teams innovativer sind, robustere Entscheidungen treffen und bessere Arbeitsergebnisse erzielen, da eine breitere Palette an Erfahrungshorizonten aufeinandertrifft.

Diversität spielt im Wettbewerb eine entscheidende Rolle – und dies gleich in zwei Ausprägungen: Als international agierende Geschäftsbank mit Standorten in mehr als 40 Ländern und Kundinnen und Kunden aus unterschiedlichsten Bereichen erleben wir differenzierte Bedürfnisse. Wir sind überzeugt: Ein diverses Team kann diese besser verstehen und bedienen. Es kann somit helfen, Marktanteile zu sichern und neue Kundensegmente zu erschließen. Zugleich ist Vielfalt im Recruiting ein sehr wichtiger Faktor. Divers aufgestellte Unternehmen sind wesentlich attraktiver für Fachkräfte hierzulande aber auch weltweit – ein wichtiger Aspekt im Wettbewerb um die klügsten Köpfe.

Daneben sind – mit Blick auf den ESG-Dreiklang von Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (Environmental, Social, Governance) – Diversität und Inklusion wichtige Elemente einer umfassenden Nachhaltigkeitsstrategie eines Unternehmens; auch im Sinne der erforderlichen Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Auch aus Eigenantrieb sehen wir uns in der Verantwortung, ein inklusives Arbeitsumfeld zu schaffen, das die verschiedenen Hintergründe und Perspektiven der Mitarbeitenden respektiert und wertschätzt. Dies entspricht nicht nur unserem gesellschaftlichen Werteverständnis, sondern ermöglicht unseren Mitarbeitenden auch, ihre individuellen Talente einzubringen.

Wie steht es um die Vielfalt in der Finanzbranche?

In den letzten Jahren konnten über alle Branchen hinweg erhebliche Fortschritte bei der Förderung von Diversität erzielt werden. Dennoch zeigt allein der Blick auf Genderdiversität im Top-Management: Die Gesamtzahl von Frauen in Vorständen wächst nur langsam. Bei diesem Schlaglicht wurden weder die unteren Führungsebenen noch die Aspekte Inklusion, Alter oder ethnische Herkunft betrachtet. Bezöge man diese mit ein, würde der Handlungsbedarf noch deutlicher.

Der jüngste Diversitätsbericht der Europäischen Bankaufsichtsbehörde mahnt diesbezüglich notwendige Veränderungen an. Die Zahlen des Wochenberichts des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und des Arbeitgeberverbandes des privaten Bankgewerbes (AGV Banken) – auch nur beispielhaft an der Genderdiversität dargestellt – unterstreichen dies: Nur knapp 17 % der Vorstandsmitglieder und nur 26,5 % der Sitze in Verwaltungs- oder Aufsichtsorganen der Top-100 Banken in Deutschland waren 2023 mit Frauen besetzt (s. Grafik 1) – den Vorsitz beider Gremien dabei gar nicht betrachtend. Gleichwohl zeigt sich in der Zusammensetzung aller Beschäftigten im privaten Bankgewerbe, dass hier grundsätzlich Parität existiert. Damit ist ein Potenzial an entsprechenden Nachwuchskräften also vorhanden (s. Grafik 2).

Blick in die Commerzbank

Mit Blick auf die Commerzbank zeigt sich ein anderes Bild: Mit nahezu paritätischer Besetzung von Vorstand und Aufsichtsrat sind wir im Vergleich Branchenprimus. Das bildet auch ab, dass Frauen mehr als die Hälfte unserer Belegschaft stellen. So erreicht die Bank auch die Zweitplatzierung im Gender Diversity Index 2023. Jedoch entstehen solche Ergebnisse nicht kurzfristig. Für die Commerzbank sind Diversität und Inklusion schon sehr lange Teil der Unternehmens- und Nachhaltigkeitsstrategie. Wir arbeiten kontinuierlich daran, Vielfalt, Teilhabe und Inklusion im Unternehmen tief zu verankern und auch an den internationalen Standorten noch stärker zu festigen.

Bereits 2018 haben wir als erste Bank in Deutschland einen Aktionsplan zur Inklusion veröffentlicht. Dessen Ziel ist es, ein konkretes Maßnahmenpaket umzusetzen, um eine barrierefreie und inklusive Arbeitswelt zu schaffen. Damit verfügen wir über eine strategische Leitschnur, um die Integration von Inklusion noch stärker in die Unternehmenskultur zu verankern.

Und wir wollen den eingeschlagenen Pfad noch weiter beschreiten: Bis 2030 sollen vierzig Prozent der gesamten Führungskräfte über alle Ebenen hinweg im weltweiten Konzern weiblich sein. Aktuell liegen wir bei 36,1 % und damit doppelt so hoch wie der branchenweite Schnitt. Grafik 3).

Wie lassen sich diese Ziele bei der Commerzbank erreichen?

Um unsere Zielvorstellung mit Leben zu erfüllen, gibt es unzählige Maßnahmen. Von zentraler Bedeutung für uns in der Commerzbank sind:

  • Strategische Ziele setzen: Wir haben uns klare Ziele für Diversität gesetzt und darauf abzielende Maßnahmen entwickelt, etwa Mentoring-Programme oder spezielle Förderinitiativen für unterrepräsentierte Gruppen. Insgesamt setzen sich zudem 1.500 unserer Mitarbeitenden in sieben Beschäftigtennetzwerken für Vielfalt und Gleichstellung ein.
  • Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung: Schulungen und Workshops sollen helfen, Vorurteile abzubauen und ein Verständnis für die Bedeutung von Diversität zu fördern. Dies geschieht auf allen Unternehmensebenen – vom Top-Management bis zu den Mitarbeitenden. Seit 2005 bietet die Commerzbank dazu regelmäßig eine Vielzahl von persönlichen und digitalen Sensibilisierungsformaten an. Die Themen reichen vom Coming-out am Arbeitsplatz über Rassismus und Diskriminierung bis hin zu Selbstpositionierung und Karriere.
  • Anpassung der Rekrutierungsprozesse: Rekrutierungsprozesse werden so gestaltet, dass wir vielfältige Bewerberinnen und Bewerber ansprechen und aufgrund deren Kompetenzen unsere Entscheidung treffen.
  • Wahrnehmung von Alter als Diversitätsdimension: Mit dem Austausch untereinander kann man von einer Vielzahl an Perspektiven und Erfahrungen profitieren. Dadurch können erfahrene Mitarbeitende ihr Wissen an jüngere Kolleginnen und Kollegen weitergeben, so wie diese umgedreht neue Ideen und Sichtweisen in Teams einbringen können. Gleichzeitig sollten alle Angebote der Bank für jeden zugänglich sein. Wir wollen etwa durch Weiterbildungsprogramme lebenslanges Lernen ermöglichen und mittels flexibler Arbeitszeitmodelle ein Angebot für die unterschiedlichen Lebensphasen in allen Altersstufen bereithalten.
  • Inklusion leben: Mit unserem 2023 veröffentlichten Aktionsplan Inklusion 2.0 sollen die Rahmenbedingungen für Menschen mit Behinderungen so verändert werden, dass der Zugang zu uns als Arbeitgeberin verbessert und Produkte barrierefrei gestaltet werden. Unser Ziel ist es etwa, bis 2030 eine signifikante Mehrheit unserer Filialen barrierefrei umzubauen. Stand heute sind dies bereits zwei Drittel der Standorte.
  • Flexible Arbeitsmodelle: Mit der Einführung von flexiblen Arbeitsmodellen wollen wir eine bessere Arbeitszeitgestaltung ermöglichen. Damit sollen Stellen insbesondere für Menschen mit familiären Verpflichtungen attraktiver werden. Gleichzeitig ist es unser Ziel, mehr Frauen in Führungsverantwortung zu bringen. Das gilt für unsere Modelle wie Führung in Teilzeit, Mini-Teilzeit während der Elternzeit, Rückkehrgarantie an den Arbeitsplatz, betriebliche Kinderbetreuung, Ausnahme- und Ferienbetreuung sowie Beratungs- und Unterstützungsleistungen. Dies gerade vor dem Hintergrund, dass die Doppelbelastung bei Frauen durch Familie und Beruf noch immer überwiegend gesellschaftliche Realität ist.
  • Transparenz und Berichterstattung: Damit die genannten Maßnahmen langfristig erfolgreich sind, bedarf es der Messbarkeit von Erfolgen und einer validen Datengrundlage. Nur so ist es möglich, Ergebnisse zu bewahren und Transparenz zu schaffen, sowohl konzernintern als auch gegenüber der Öffentlichkeit. Diese Quantifizierbarkeit ist in Teilen eine Herausforderung, dennoch ein zentraler Baustein. Daher haben wir dazu ein umfassendes Berichtswesen etabliert.

Welche Rolle spielt die Führungskraft?

Von zentraler Bedeutung für den Erfolg beim Bemühen um mehr Diversität ist das Verhalten im Top-Management. Nur wenn dieses Vielfalt unterstützt und aktiv fördert, wird dies auf die gesamte Organisation ausstrahlen.

Als Führungskraft sehe ich daher eine besondere Verantwortung bei mir. Ich stelle mir regelmäßig die Fragen, ob alle Stimmen gehört wurden – auch die leisen, auch die ungewöhnlichen; ob der Tisch, an dem ich Entscheidungen treffe, divers genug ist und alle Zielgruppen ausreichend repräsentiert. Ich frage mich, wie ich siloübergreifende Zusammenarbeitsmodelle etablieren kann und ob ich beim Recruiting meine unbewusste Voreingenommenheit im Blick habe. Und nicht zuletzt, ob ich Lösungsansätze mit breitem Blickwinkel, also auch von außerhalb der Bank, betrachte und Raum gebe für Netzwerke und Impulse von extern. Einer Aufgabe, die sich mir nicht nur im Job, sondern auch etwa im Ehrenamt wie im Ostdeutschen Bankenverband stellt. Auch im Verband wollen wir diverser werden und dies in unseren Gremien zeigen.

In Summe: Die Stärkung von Diversität ist ein langfristiger Prozess, der Engagement und die Bereitschaft erfordert, bestehende Strukturen und Denkmuster zu hinterfragen und zu verändern – auch wenn es manchmal schwerfällt. Doch die Vorteile, die sich daraus ergeben, machen diesen Aufwand mehr als lohnend: steigende Attraktivität als Arbeitgeberin, größere Innovationskraft und Produktivität, Verbesserung der Bindung von Kundinnen und Kunden, einen besseren sozialen sowie ökologischen Impact und vieles mehr. Was mit Frauenanteilen in der Bank begann, ist zu einem Selbstverständnis über alle Diversitäts-Dimensionen hinweg geworden und sichert damit auch den nachhaltigen Erfolg unserer Arbeit.

In der Commerzbank leben wir Vielfalt an jedem Tag im Jahr. Dabei ist es mir persönlich wichtig, mit Fakten zu überzeugen und Annahmen zu Diversität durch Wissen über Diversität bei unseren Mitarbeitenden zu ersetzen. Auch deshalb setze ich mich für dieses Thema ein. Gerade in Zeiten, in denen unsere demokratischen Werte in Frage gestellt werden, sehen wir uns als Arbeitgeberin in der Verantwortung, diese Werte zu verteidigen und mit klarer Haltung für Vielfalt einzustehen.

Sabrina Kensy
Bereichsvorständin Mittelstandsbank Mitte/Ost
Commerzbank AG und
Vorstandsmitglied des Ostdeutschen Bankenverbandes

Veröffentlicht: 05. Juli 2024

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