BANKENMARKT / BANKING 4.0

MiFID II muss auf den Prüfstand

Direkte Auswirkungen auf Kunde-Bank-Verhältnis

In der Krise 2008 ging viel Vertrauen in die Finanzmärkte verloren. Dieses wiederherzustellen, ist eines der Anliegen der internationalen und nationalen Regulierungsbehörden. Ein zentrales Vorhaben auf EU-Ebene hierzu war die Einführung der zweiten Version der „Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente“ (englisch: „Markets in Financial Instruments Directive“, kurz MiFID II). Mit der überarbeiteten Norm schuf der Gesetzgeber einen europaweit einheitlichen Rechtsrahmen für das Wertpapiergeschäft – mit der Zielstellung, die Transparenz an den Märkten und das Schutzniveau der Anleger zu erhöhen. Viele der neu geregelten Pflichten betreffen den Vertrieb, den Verkauf und die Beratung von Finanzprodukten. Damit wirken sie unmittelbar auf das Verhältnis zwischen Bank und Kunde. In Kraft getreten ist das Regelwerk am 3. Januar 2018.

Ein Jahr in der Praxis | Ergebnisse

Zeit, Bilanz zu ziehen

Nachdem die Vorschriften nun über ein Jahr in der Praxis angewendet werden, war die Zeit reif für eine erste Bewertung. Jüngst hat sich etwa die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) mit den Auswirkungen u.a. von MiFID II aus Kundensicht auseinandergesetzt. Auch die in der „Deutschen Kreditwirtschaft“ (DK) zusammengeschlossenen hiesigen Banken und Sparkassen haben im März dieses Jahres eine von der Ruhr-Universität Bochum erstellte Auswirkungsanalyse veröffentlicht. Hierzu wurden rund 3.000 Kunden und über 150 Banken sowie Sparkassen in Deutschland befragt.

Informationsfülle – Differenzierung nötig

Gerade der Nutzen der Vielzahl von Informationen wird in der Umfrage sehr unterschiedlich bewertet. Oftmals fühlen sich die Kunden schlichtweg überfordert oder nehmen die Angebote gar nicht wahr. Gleichzeitig würden viele Anleger gern selbst entscheiden, ob sie auf bestimmte Informationen (z.B. ständig wiederholende Kosteninformationen) verzichten oder eine nachträgliche Information (z.B. bei telefonischen Orders) wünschen. Hier zeigt sich, die unterschiedslose Behandlung sämtlicher Kunden ist nicht sinnvoll, mehr Differenzierung wäre nötig: Professionelle Kunden haben ein anderes Schutzbedürfnis als Kleinanleger.

Telefonberatung „is´ nicht mehr“

Zugleich macht die DK-Analyse deutlich, dass vor allem die Aufzeichnung von Telefongesprächen bei den Kunden unbeliebt ist. Viele haben sich aus dem Telefongeschäft bereits zurückgezogen. Hingegen berichtet die BaFin-Studie von einem anderen Ergebnis. Allerdings wurden hier im Unterschied zur DK auch nur Kunden befragt, die derzeit noch die Telefonberatung in Anspruch nehmen. Und selbst von diesen, würde fast die Hälfte gern auf die Sprachaufzeichnung verzichten.

Beratungsgeschäft verändert

Der hohe organisatorische und finanzielle Aufwand bei der Umsetzung der Regulierung hat zudem Folgen auf das Produkt- und Dienstleistungsangebot der Banken und Sparkassen. Berichtet wird auch von einer Einschränkung des Angebotes. Etwa führt die starre Regulierung dazu, dass immerhin ein Viertel der befragten Institute nur noch in ausgewählten Filialen eine Wertpapierberatung anbietet.

Und nun?

Anpassung erforderlich

Die Zielrichtung von MiFID II stimmt insgesamt, gleichzeitig ist die konkrete Ausgestaltung aber eher mangelhaft. Sinnvoll und notwendig ist es daher, wenn die neue EU-Kommission eine Überarbeitung der MiFID-Richtlinie auf ihre Agenda setzt. Zentrales Anliegen: Für die Kunden die Möglichkeit schaffen, selbst zu wählen, welche Informationen sie erhalten wollen.

Mehr erfahren:

Die „Auswirkungsstudie MiFID II/MiFIR und PRIIPs-VO: Effektivität und Effizienz der Neuregelungen vor dem Hintergrund des Anleger- und Verbraucherschutzes – Eine qualitativ-empirische Analyse“ hat Professor Dr. Stephan Paul von der Ruhr-Universität Bochum im Auftrag der DK durchgeführt. Vorgestellt wurde die Untersuchung im März 2019.

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