Merle Fuchs, Gründerin von Pramomolecular
#ErfolgeOst
Türöffner gegen Krebs
Merle Fuchs ist promovierte Molekularbiologin und seit mehr als 25 Jahren Technologieberaterin. Jetzt hat sie ihr Knowhow im Berliner Biopharma-Startup Pramomolecular zusammengeführt. Dessen Wirkstoffe versprechen in wenigen Jahren neue, zielgerichtete Hilfen gegen Krebs- und Herzerkrankungen.
Der parkartige Campus Berlin-Buch bietet mit seinen Laboren, Büros und Gemeinschaftsflächen beste Voraussetzungen für reihenweise innovative Biotech-Startups und erfolgreiche Wachstumsunternehmen (siehe auch: https://ostbv.de/portfolio/mittelstand-branchen-herzenssache-in-berlin-buch). Auch das junge Biopharma-Unternehmen Pramomolecular hat auf dem Gelände seine Labore aufgebaut. Das Team will eine innovative Molekular-Technologie zur Marktreife führen, die gegen Krebserkrankungen und Herzinsuffizienz helfen soll, die bisher nur schwer therapierbar sind.
Die Forscher nutzen dafür eine mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Technologie zum „Stummschalten“ krankmachender Proteine: Sie haben neuartige Möglichkeiten gefunden, Wirkstoffkandidaten in schwer erreichbare Krebszellen einzuschleusen. Damit wollen sie krebsauslösende Proteine vor allem in der Lunge und im Herzen herunterregulieren. „Bisherige Transportlösungen solcher Art funktionieren schon in der Leber. Es besteht aber ein großer medizinischer Bedarf an Transportlösungen für andere Gewebe“, sagt Gründerin Merle Fuchs.
Nach mehrjährigen Vorarbeiten in der Petrischale und erfolgreichen Versuchen an Mäusen soll noch dieses Jahr die präklinische Entwicklungsphase für Wirkstoffe gegen besonders aggressive Formen des Lungenkrebses beginnen – sobald das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) seinen Segen gibt. 2026 könnte dann die erste klinische Phase mit Krebspatienten anlaufen. „Wir wollen ein leistungsfähiger Wirkstoffentwickler werden“, sagt Fuchs. „Unsere ersten Lösungen sind bereits zum Patent angemeldet.“ Und die Vorschusslorbeeren sind groß: Das Londoner Gründer-Onlinemagazin „f6s.com“ kürte Pramomolecular kürzlich zu einem der weltweit vielversprechendsten Biopharma-Startups. Das Wirtschaftsmagazin „Forbes“ stufte es schon im Gründungsjahr 2021 als „Spin Off to Watch“ ein. Und Ende 2023 erhielt das junge Unternehmen den Innovationspreis Berlin-Brandenburg.
Gründerin und Biologin Fuchs ist in der Branche keine Unbekannte: Die studierte Mikro- und Molekularbiologin schrieb 1997 ihre Doktorarbeit über Proteindesign im Labor des Nobelpreisträgers Manfred Eigen am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen. Danach unterstützte sie mehr als 500 innovative, technologieorientierte Gründungen und Wachstumsunternehmen und betrieb das Beratungsunternehmen „TechnologieContor“ in Gera. Sie begleitete sieben Hightech-Startups als Gesellschafterin mit, saß zeitweise im EXIST-Sachverständigenbeirat des Bundeswirtschaftsministeriums und war Scout für den High-Tech-Gründerfonds.
Biopharma-Forschung im Team (v.l.): Ida Shaef, Thomas Hiller, Merle Fuchs und Thomas Eichinger
Jetzt hat Fuchs ihr eigenes Unternehmen auf die Beine gestellt. „Nach 25 Jahren als Beraterin hat sich die Chance auf einem Gebiet ergeben, auf dem ich über umfangreiche Erfahrungen verfüge“, erzählt die 58-Jährige. Auch ihre beiden Mitgründer, die biologische Chemikern Ida Shaef und der Biotechnologe Thomas Hiller, haben bereits intensiv an dem Thema gearbeitet. Unterstützt werden sie beim Aufbau des international beachteten Startups vom ehemaligen Sanofi-Manager und Pharmazeuten Thomas Eichinger.
„Krebserkrankungen sind auch deshalb so schwer therapierbar, weil es extrem viele Arten von Krebs gibt“, sagt Fuchs. So werde Lungenkrebs oft von unterschiedlichen Mutationen in einem einzigen Steuerungsprotein verursacht. „Wir sind in der Lage, für jede dieser Mutationen einen Wirkstoff herzustellen“, sagt Fuchs. „Dafür benötigen wir lediglich den Bauplan des krankmachenden Proteins.“ Innerhalb von drei Monaten könne eine Struktur eines Wirkstoffkandidaten entwickelt werden, der das Steuerungsprotein stummschaltet – in der Fachsprache ‚Gene Silencing‘ genannt. Fuchs: „Dafür muss dann in umfangreichen Tests die Patientensicherheit bewiesen werden.“
Pramomolecular arbeite in erster Linie als eine Denkfabrik, die das aktuelle Spezialwissen zusammenträgt, die nächsten Strategien für disruptive Lösungsansätze entwickelt und die besten Spezialisten für Spezialaufgaben identifiziert, so Fuchs. Zudem führt das Startup in zwei eigenen Laboren auf dem Berliner Bio-Campus auch selbst zell- und molekularbiologische Versuche durch.
Die Finanzierung stellen bisher drei Business-Angels sicher, zudem gibt es Fördermittel vom Bund und dem Land Berlin: über das EXIST-Forschungstransfer-Programm des Bundeswirtschaftsministeriums sowie über das Gründer-Stipendium und das Förderprogramm ProFIT des Landes Berlin. In den nächsten Jahren seien zwei weitere Finanzierungsrunden mit Beteiligungsgesellschaften, Family Offices und Business Angels nötig, um die klinischen Phasen für die ersten Wirkstoffkandidaten zu stemmen, sagt Fuchs. Danach sei die Finanzierung über Lizenz-Einnahmen geplant. Die Nachfrage auf der gesamten Welt dürfte immens sein. „Wir werden zwar den Krebs nicht besiegen“, sagt Fuchs, „aber wir wollen die Lebensqualität und Lebenszeit von Patienten spürbar erhöhen.“ Weltweit würden Spezialisten an neuen Behandlungsmöglichkeiten arbeiten. „Wir wollen wichtige Puzzlesteine dazu beitragen.“
„Der Campus Berlin-Buch, einer der größten seiner Art in Deutschland, bietet uns hervorragende Bedingungen als Biotech-Start-up: Die Konditionen in der ,Health-Capital Berlin-Brandenburg‘ sind günstig und das Netzwerk an Spezialisten sehr groß. Dabei sehen wir Berlin als Teil einer größeren Region, die über Potsdam bis nach Leipzig, Jena und Dresden reicht. Wir haben im Osten viele Partner, mit denen wir eng zusammenarbeiten.“
Merle Fuchs
CEO und Co-Founder von Pramomolecular
Interview und redaktionelle Bearbeitung durch: Sven Heitkamp | Freier Journalist | Leipzig
(Bildquellen: Pramomolecular)
Veröffentlicht: 12. August 2024
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