Felix Weger, Mitgründer von Packwise
MITTELSTAND / BRANCHEN

Container - neu verpackt

Zig Millionen Tankbehälter für die Industrie sind tagtäglich auf der Welt unterwegs. Mit der „Smart Cap“ des Dresdner Startups Packwise wissen Unternehmen immer, wo sie stecken – und ob mit ihren Kanistern alles in Ordnung ist.

Ein gut sanierter Gründerzeitbau gegenüber vom Bahnhof Dresden-Neustadt: Sandstein, Parkett, ein paar unverputzte Wände. Doch im Flur im ersten Stock steht neben den eleganten, weißen Garderobenständern ein ziemlich außergewöhliches Utensil: ein großer weißer Container aus Kunststoff für bis zu 1200 Liter Flüssigkeiten, umgeben von einem Metallkäfig, abgestellt auf einer Europalette. Solche IBC-Behälter sind so etwas wie die Lebensadern der Chemie-, Lebensmittel- und anderer Prozessindustrien: In ihnen werden flüssige und rieselfähige Rohstoffe und Produkte um die Welt transportiert, zwischen 40 und 300 Millionen sollen jedes Jahr global im Einsatz sein.

Das Problem: Bisher waren die meisten IBCs nur einmal unterwegs. Ex und hopp. Eine nachhaltige Lösung sieht anders aus. Sie steht hier beim jungen Unternehmen Packwise in Dresden. „Make me smart“, steht in großen Lettern auf dem Container, bestückt ist er mit einer weißblauen Hightech-Box. Die „Smart Cap“ macht den Flüssigkeitsbehälter dank WLAN, Bluetooth und GPS in mehr als 150 Ländern der Erde trackingfähig. Ein Radar misst dazu den Füllstand, Sensoren kontrollieren den Zustand des Kanisters, Temperaturen und Bewegungen.

Alle Daten werden regelmäßig und automatisch über Mobilfunk an eine zentrale Software gesendet. So sind die Eigentümer und ihre Kunden jederzeit bestens informiert. Sie können automatisch Nachbestellungen auslösen, wenn Füllungen zur Neige gehen, Alarm schlagen, wenn etwas Außergewöhnliches passiert oder die Container zurückholen, um sie mehrfach zu verwenden. Die Plug&Play-Lösung lässt sich dafür simpel händeln: Die mit einem QR-Code versehene Box wird einfach vom Kunden mit einem Selbstklebestreifen am Container angebracht und eingeschaltet – dann verbindet sie sich automatisch mit der Packwise-Software. Die Batterie soll fünf Jahre durchhalten. Packwise gilt mit diesem System als europaweiter Marktführer.

Mitbegründer Felix Weger steht im Flur der Dresden Büroetage und erzählt, wie sie so weit gekommen sind: „Wir sind die ersten, die sich so intensiv in diese Materie eingearbeitet haben“, sagt Weger. „Damit haben wir für die Kunden eine ganze neue Sichtbarkeit und Transparenz hergestellt.“ Dieses Jahr wollen die Dresdner nun Nordamerika erobern: Sie eröffnen ein Büro nahe der texanischen Öl- und Gas-Hauptstadt Houston.

René Bernhardt, Gesche und Felix Weger (v.l.n.r.) haben Packwise 2017 gegründet.
Die Erfindung: eine Smart Cap macht IBC-Container trackingfähig. Es lässt sich einfach aufkleben.

2017 haben Felix Weger und seine Frau Gesche mit dem IT-Spezialisten René Bernhardt ihr Startup gegründet und sich auf den Weg gemacht, das intelligente Containersystem aufzubauen. 2021 ging ihre SmartCap in Serienproduktion. Hergestellt werden sie seither von Electronic Components Dresden (ECD) sowie der Unternehmensgruppe Diehl in Nürnberg. Bald sei eine mittlere fünfstellige Zahl der smarten Container-Tracker unterwegs.

Zu den bislang 45 Packwise-Kunden zählen namhafte Chemiekonzerne wie BASF und Solvay. Mit dem Fruchtriesen Zentis aus Aachen läuft ein Entwicklungsprojekt für Stahlcontainer in der Lebensmittelindustrie. Seit das Team Anfang 2023 zudem eine spezielle Lösung für explosionsgefährdete Stoffe in Serie gebracht hat, erlebt das junge Unternehmen einen noch rasanteren Aufstieg. „Diese Variante macht zurzeit 80 Prozent des Geschäfts aus“, sagt Weger. Die Zahl der Packwise-Mitarbeiter soll daher dieses Jahr von 20 auf mehr als 30 steigen.

Die Investoren dürfte es freuen. Am mehrfach ausgezeichneten Unternehmen sind der Technologiegründerfonds Sachsen sowie das Family-Office „Hüttenes hoch drei“ und die Golzern Holding aus Leipzig beteiligt. Sie haben mittlerweile Millionen in die Entwicklung investiert und erwarten irgendwann Rendite. Die Kunden zahlen für die Container in der Regel eine Bereitstellungsgebühr von rund 100 Euro und etwa sechs Euro Nutzungsgebühr pro Box im Monat.

Das gerade Felix Weger in diesem Metier unterwegs ist, hat mit seiner Karriere zu tun. Nach einem Volkswirtschaftsstudium und einem Ausflug in die Investmentbank-Welt heuerte der gebürtige Münchener beim Spezialisten für Industrieverpackungen Werit in Manchester an. Drei Jahre später versetzt ihn der europäische Konzern an seinen Standort in Ottendorf-Okrilla, gelegen kurz hinter dem Dresdner Flughafen. Doch ihn irritierte, dass die Tank-Container vor allem als Einwegverpackungen genutzt werden, obwohl es doch umweltfreundlicher wäre, sie mehrfach wiedereinzusetzen. Doch die Entwicklung einer smarten Lösung war im Werit-Konzern nicht geplant.

Daher wagt Weger den Absprung und macht sich mit der Idee selbstständig. Mit dabei ist seine Frau Gesche, ursprünglich Berlinerin und ebenfalls Volkswirtschaftlerin. Im Dresdner Impact Hub, einem Co-Working-Space für junge Gründer, schreiben sie ihren ersten Businessplan und lernen den Informatiker René Bernhardt kennen. Bald geht Packwise an den Start und heimst schon nach kurzer Zeit erste Preise ein, darunter den Gründerinnenpreis, den IQ Innovationspreis Mitteldeutschland und den German Innovation Award 2021. „Aber wir stehen immer noch am Anfang“, sagt Weger. „In den kommenden Jahren wollen wir richtig wachsen.“

Dresden und Sachsen bieten ein wahnsinnig gründerfreundliches Umfeld. Wir werden mit Fördermitteln sehr gut unterstützt und bekommen viel Aufmerksamkeit von der Landesregierung. In Dresden erleben wir eine Sichtbarkeit, die wir in Berlin wohl nie hätten. Dazu sind wir in einer Community von Gründern und Startups gut vernetzt und haben wichtige Kontakte zu den Unis und Hochschulen. Außerdem genießen wir eine sehr hohe Lebensqualität und Infrastruktur für die ganze Familie samt Kitas und Schulen. Daher gibt es keinen Grund für uns, woanders hinzugehen.

Felix Weger | Co-Gründer von Packwise

Interview und redaktionelle Bearbeitung durch: Sven Heitkamp | Freier Journalist | Leipzig
(Bildquellen: Packwise)

Veröffentlicht: 29.  Januar 2024

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