(v.l.) Stephan Garabet, Bernhard Zwinz,
Nils Aldag, Christian von Olshausen
#ErfolgeOst
Gasanstalt der Zukunft
Sunfire aus Dresden ist ein europäischer Shooting-Star der wachsenden Wasserstoff-Branche. Mit europäischen Fördermitteln und Finanzierungsrunden in dreistelliger Millionenhöhe steigt das Unternehmen nun auch in die serielle Industrieproduktion von Elektrolyseuren ein.
Gasanstaltstraße – die Adresse könnte kaum treffender sein. Auf einem Gewerbehof im Dresdner Osten kurz hinter dem Großen Garten schlägt das Herz von Sunfire: ein weltweit führendes Unternehmen für die Entwicklung und den Bau von Elektrolyseuren, mit denen ein wichtiges Gas der Zukunft produziert wird: Grüner Wasserstoff. Auf dem Dresdner Gelände stehen weiße Container, bedruckt mit einer blauen Flamme und vollgepackt mit Maschinen, Anlagen und Rohren. In dieser modernen Hightech-Gasanstalt wird die Kunst der effizienten Wasserstoffherstellung weiter perfektioniert.
Kürzlich wurde das Unternehmen in die „Cleantech-Coalition“ von Bill Gates aufgenommen. Vor allem aber erhielt die Firma frühzeitig grünes Licht der Bundesregierung zum Aufbau einer industriellen Serienfertigung ihrer Elektrolyseure. Die Förderung in dreistelliger Millionenhöhe von Bund und Freistaat Sachsen erfolgt im Rahmen der „Important Projects of Common European Interest“ (IPCEI), und selbst Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zeigt sich hochzufrieden: „Sunfire kann als eines der ersten Unternehmen im Rahmen des großen gemeinsamen europäischen Projekts loslegen. Das ist ein starkes Zeichen – auch für den Standort Deutschland und den Standort Sachsen.“
Alt und neu – Sunfires moderne Elektrolyse-Anlagen stehen vor historischen Gasometern.
Demo4Grid – Sunfires Alkaline Elektrolyseur.
Das Geld fließt in die Industrialisierung von Sunfire’s Elektrolyse-Technologien. Zunächst bereitet das Unternehmen eine Serienfertigung für die klassische Druck-Alkali-Technologie vor. Dazu baut Sunfire unter anderem eine Gigafactory in Sachsen auf. „Einen weiteren wichtigen Fertigungsschritt setzen wir an unserem Standort in Solingen um“, sagt Garabet. Parallel dazu plant Sunfire die Industrialisierung seiner innovativen Hochtemperatur-Elektrolyseure. Diese sogenannten SOEC-Elektrolyseure spielen ihre Stärken in industriellen Anwendungen aus, bei denen Wasserdampf zur Verfügung steht. Diesen spalten sie bei 850 Grad in reinen Wasserstoff und Sauerstoff. „Durch die Nutzung industrieller Abwärme erzielt unser SOEC-Elektrolyseur eine deutlich höhere Effizienz als herkömmliche Technologien – sie liegt bei mehr als 80 Prozent“, erzählt Sunfire-CFO Stephan Garabet. Mit den Anlagen kann bei gleichem Stromverbrauch wesentlich mehr Wasserstoff produziert werden. Erste Pilotanlagen laufen schon, unter anderem beim Stahlkonzern Salzgitter AG und bald auch beim Energieversorger RWE in Lingen. Doch noch müssen die Produktionskosten weiter gesenkt werden, um auch in Serie marktfähig zu sein.
Vor zwölf Jahren als Start-up gegründet, hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren einen kometenhaften Aufstieg hingelegt und zählt heute bereits mehr als 500 Mitarbeiter. 2020 hatte Sunfire das Schweizer Alkali-Elektrolyse-Unternehmen IHT in Monthey und 2021 den Solinger Galvanik-Spezialisten MTV übernommen, der zu den Weltmarktführern für funktionelle Oberflächenbeschichtungen zählt. „Wir platzen am Firmensitz in Dresden aus allen Nähten und werden uns von 7.000 auf 19.000 Quadratmeter erweitern“, erzählt Garabet. Der Firmensitz werde ab Anfang nächsten Jahres für einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag zu einem repräsentativen Standort mit modernen Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen ausgebaut. Das Headquarter in der Gasanstaltstraße sei und bleibe dabei die Herzkammer des Unternehmens, wo neue Generationen von Elektrolyseuren entwickelt werden.
Demonstrationsobjekt – Auf dem Gewerbehof in Dresden werden die Anlagen weiterentwickelt.
Mit blauer Flamme – Sunfires Hochtemperatur-Elektrolyseure.
Sunfires Gründungsgeschichte ist von Beginn an eng mit Dresden verknüpft: 2010 riefen Nils Aldag, Christian von Olshausen und Carl Berninghausen das Unternehmen mit der Vision ins Leben, erneuerbare Energien überall verfügbar zu machen – zu einer Zeit, zu der andere Unternehmen und Investoren von Wasserstoff noch nicht viel wissen wollen. 2014 eröffneten die Gründer die weltweit erste Demonstrationsanlage für Power-to-Liquids in Dresden, die erneuerbare E-Fuels wie Diesel und Wachse produziert hat.
Nach harten Aufbaujahren kam der Durchbruch, als grüner Wasserstoff im Zuge der Klimakrise politisch und wirtschaftlich salonfähig wurde. Zugleich wandelte Sunfire sein Businessmodell vom reinen Prozessentwickler zum Technologielieferanten. „Einer der Treiber in unserer Entwicklung ist die Erkenntnis in Industrie, Wirtschaft und Politik, dass Wasserstoff ein zentrales Element der Energiewende wird“, sagt Garabet. „Der Markt öffnet sich und sorgt bei uns für eine gewaltige Transformation.“
Zugleich folgen große Finanzierungsrunden. 2021 stellt ein Konsortium um die Lead-Investoren Lightrock und Planet First Partners 109 Millionen Euro Wachstumskapital bereit. In einer weiteren Runde konnten dieses Jahr 86 Millionen Euro mit Copenhagen Infrastructure Partners und Blue Earth Capital gewonnen werden. Mit der neuen Kapitalspritze will Sunfire künftig auch profitabel werden. „Bis Mitte des Jahrzehnts“, sagt der Finanzchef, „wollen wir eines der führenden Unternehmen für Wasserstoff-Elektrolyseure sein – und schwarze Zahlen schreiben.“
Interview und redaktionelle Bearbeitung durch: Sven Heitkamp | Freier Journalist | Leipzig
(Bildquellen: Sunfire)
Veröffentlicht: 13. Dezember 2022
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