Dennis Sippach, Geschäftsführender Gesellschafter, IVOC‑X GmbH
MITTELSTAND / BRANCHEN

Reine Luft

Eigentlich hat das Jenaer Startup „IVOC-X Clean Air“ seit Anfang 2019 innovative Luftreinhaltungssysteme für die Industrie entwickelt. Doch ehe die ersten Anlagen installiert waren, kam Corona. Seither hat das Green-Tech-Unternehmen sein Geschäftsmodell auf mobile Luftreiniger für Schulen, Veranstaltungsorte und die Gesundheitsbranche erweitert. Ihre Geräte zeichnen sich durch höchste Energieeffizienz und Künstliche Intelligenz aus – und wurden schnell zu einem wichtigen Standbein für die Thüringer Gründer.

Am Jenaer Beutenberg trifft sich die Forschungselite der Thüringer Boomstadt: Drei Max-Planck-Institute, drei Leibnitz-Institute, ein Fraunhofer-Institut und mehrere Zentren der Friedrich-Schiller-Universität liegen auf dem Campus dicht beieinander. Mittendrin thront der Technologie- und Innovationspark „tip“, ein Inkubator für vielversprechende junge Tech-Firmen. Gleich im ersten Stock des modernen Gebäudes, am Ende eines langen Flurs mit weißen Ziegeln und blauen Bodenbelägen, hat die junge Firma IVOC-X ihren Sitz.

Geschäftsführer Dennis Sippach öffnet die Tür seines Büros mit einem breiten Lächeln und kommt gleich zur Sache: Im Besprechungszimmer stehen drei Luftreiniger in unterschiedlichen Größen. Die kleineren Modelle sind für Klassenzimmer, Gastronomie, Arztpraxen und andere Räume bis 100 Quadratmeter geeignet und mit oder ohne Schallisolierung erhältlich. Das größte Modell reicht sogar für Säle, Fitnessstudios oder Lounges mit bis zu 500 Quadratmetern. Mit ihren Hochleistungsschwebstoff-Filtern der Klasse „HEPA H14“ sind die Geräte zu 99,9 Prozent wirksam gegen Viren wie Corona und Influenza, Bakterien, Keime, Feinstaub und andere Schadstoffe. „Wir haben bewährte Filtertechnologie, die auch in OP-Sälen oder der Lebensmittelproduktion eingesetzt wird, auf Innenräume adaptiert“, sagt Sippach. Eine kleine LED-Ampel zeigt zudem die CO2-Konzentration im Raum. Wenn der Sauerstoffgehalt zu weit sinkt, schaltet sie erst von grün auf gelb und dann auf rot – und Dennis Sippach öffnet für eine Weile das Fenster.

Luftreiniger von IVOC-X im Wartezimmer einer Arztpraxis
Luftreiniger von IVOC-X in einem Meetingraum

Luftfilter werden seit der Pandemie freilich viele gebaut, aber die zertifizierten Eigenkreationen von IVOC-X bieten herausragende Besonderheiten: Unter anderem lassen sich die Geräte mit dem kleinen Raumluft-Analysegerät „LuSi“ koppeln. Ein Würfel, der dank einer Handvoll unterschiedlicher Sensoren misst, was in der Luft liegt und verschiedene Partikel sowie Aerosole bestimmt. Die Messdaten werden mit einer KI abgeglichen und die Filtersysteme passend gesteuert, um Schadstoffe zu neutralisieren. Alle Daten lassen sich beim Monitoring einfach auf einer App auslesen. „Unsere LuSi-Box ist wie ein Labor für die Hosentasche“, sagt Sippach. „Wir sorgen mit unserem Hygienekonzept für gesunde, saubere Luft.“ Damit würden Unternehmen zugleich ihre Krankheitsausfallkosten reduzieren und das Wohlbefinden der Mitarbeiter/innen steigern.

Hinzu kommt eine besonders energieeffiziente Technologie: IVOC-X verwendet ausschließlich Energiespar-Ventilatoren von speziellen deutschen Lieferanten. „Die Geräte verbrauchen nur Strom für 5 bis 40 Euro im Jahr“, sagt Sippach. Zudem müssten die langlebigen Filter nur etwa alle zwei Jahre ausgetauscht werden – nur halb so oft wie bei anderen Anbietern. Kostenersparnis: Mehrere Hundert Euro im Jahr. Zudem können die Geräte mit Aktivkohlefiltern gegen Gerüche etwa in einer Großküche, Kantine oder Gastronomie ausgestattet werden.

Labor für die Hosentasche - die LuSi-Box von IVOC-X
IVOC-Gründerteam (v.l.): Dr. Thomas Krech, Dennis Sippach, Torsten Langer

„Wir legen großen Wert auf Nachhaltigkeit, robuste Qualität, einfache Nutzbarkeit und hohe Energieeffizienz“, sagt der 42-Jährige. Mehr als 400 Geräte haben sie bisher verkauft, zu ihren Kunden/innen gehören die Stadt Konstanz, die Stiftung Nanotechnologie und der Saale-Orla-Kreis, die zusammen 130 Schulen ausgestattet haben, die Analytik Jena AG, Wacker Biotech, Fitnessstudios, Reisebüros und die Stadt Rhede in NRW. Umsatz 2021: Rund 1,5 Millionen Euro. Für seine Ideen wurde das IVOC-X-Team schon zweimal mit dem Thüringer Gründerpreis „ThEx-Award“ und mit dem Industrial Energy Efficiency Award der Hannover-Messe ausgezeichnet.

Der Hightech-Anspruch an die Luftreinheit ist kein Zufall. Die drei IVOC-X Gründer haben sich vor einigen Jahren bei Jenoptik kennengelernt. Reine Luft war auch beim Jenaer Technologie-Riesen ihr Thema: Sie arbeiteten zusammen an Abluftsystemen für Lasermaschinen, die in der Automobilindustrie eingesetzt werden. „Wir wollten aber gern das Ruder selbst in die Hand nehmen und etwas Neues auf die Beine stellen“, erzählt Sippach. „Und wir wollten den Fokus auf Umwelt, Nachhaltigkeit und Energieeffizienz legen.“ Hinzu kommt: Sein Geschäftspartner Thomas Krech und er seien selbst geplagt von Asthma und anderen Allergien. Dieser Umstand sei eine zusätzliche Motivation gewesen, das Gute-Luft-Unternehmen ins Leben zu rufen.

Einsatz im Fitnessstudio - der große Luftreiniger FX1.000 von IVOC-X
IVOC-X-Geschäftsführer Dennis Sippach und Silke Dombrowski, Inhaberin von ProGesund Fitness 2

Alle drei Gründer kennen sich in der Materie bestens aus: Der gebürtiger Jenenser Sippach hat Versorgungs- und Umwelttechnik studiert und der Chemiker Thomas Krech mit einer Dissertation über Anlagen zur katalytischen Abgasreinigung promoviert. Torsten Langer ist gelernter Tischler und studierter Maschinenbau-Ingenieur, Sippach nennt ihn schlicht: „unsere Geheimwaffe“. Anfangs planten sie Anlagen für industrielle Prozessluftreinigungen etwa in Lackierprozessen oder im Verpackungsdruck. Sie entwickelten neue Verfahren, um organische Schadstoffe, wie aus Lösungsmitteln, effizient und mit hoher Wärmerückgewinnung zu beseitigen. Doch zu Beginn der Pandemie seien erste Aufträge wieder storniert worden, erzählt Sippach.

IVOC-X versteht sich aber weiterhin als innovativer Maschinenbauer im Lufttechnikmarkt für Unternehmen, die im Produktionsprozess Lösemittel, Dämpfe oder Geruchsstoffe emittieren.„Aktuell arbeiten wir an einem speziellen Verfahren zur Lösemittelrückgewinnung“, sagt der Geschäftsführer. Für das nächste Jahr ist weiteres Wachstum geplant, außerdem ein Umzug in größere, eigene Räume. Dabei bauen die Gründer auch auf die Unterstützung und die Weitsicht ihrer Hausbank. „Wir haben bisher bewusst auf Risikokapitalgeber verzichtet und nutzen nur eine stille Beteiligung der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Thüringen“, sagt Sippach. „Das soll nach Möglichkeit auch so bleiben.“

Interview und redaktionelle Bearbeitung durch: Sven Heitkamp | Freier Journalist | Leipzig
(Bildquellen: IVOC-X GmbH)

Veröffentlicht: 1. Dezember 2021

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