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#FokusLand Indien: Innovation und Forschung

Indien im Blick behalten

Chandrayaan,“Reise zum Mond“ lautete der Name der ersten indischen Mondmission, in deren Rahmen im Herbst 2023 das bevölkerungsreichste Land der Erde eine Sonde auf den Erdtrabanten schickte. Angesichts der Tatsache, dass noch vor 60 Jahren, als das Raumfahrtprogramm Indiens seinen Anfang nahm, das Pro-Kopf-Einkommen eines/r Inders/in bei weniger als 120 US-Dollar lag, eine wahrhafte Sternstunde. Möglich gemacht haben diesen Erfolg vor allem zwei Faktoren: die positive Haltung der Inder zu Mathematik und Naturwissenschaften und das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit einer Marktwirtschaft, die seit mehr als einem Vierteljahrhundert im Zentrum der Wirtschaftsreformen Indiens steht.

Jungdynamischwettbewerbsaffin und extrem anpassungsfähig – so beschreibt der ehemalige deutsche Botschafter in Indien, Walter Lindner, die Menschen im bevölkerungsreichsten Land der Erde. Der Boden, auf dem diese Eigenschaften gedeihen, sei die Jugendlichkeit der indischen Bevölkerung. Über die Hälfte der Inder ist unter 30 Jahre alt. Und während nicht nur der Westen altert, sondern beispielsweise auch China, erinnert die Alterspyramide Indiens an ein Zelt mit breiter Basis aus jungen Alterskohorten und einer schmalen Spitze in den Jahrgängen ab 70. Die Bevölkerungsdynamik Indiens lässt bis zum Ende unseres Jahrhunderts kaum nach und als einziges Land der Welt wird der Subkontinent auch noch im Jahr 2100 über eine Milliarde Menschen beheimaten – während China auf unter 800 Millionen Menschen zurückfällt.

Schon heute findet der jugendliche Elan sein Spiegelbild in der Innovationskraft des Landes. Das Ausgangsniveau ist zwar niedrig, denn noch bewegen sich die öffentlichen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (F&E) zwischen 0,6 und 0,9 Prozent des indischen BIP. Doch zieht man beispielsweise das Veröffentlichungsranking der Zeitschrift NATURE im Bereich Natur- und Ingenieurswissenschaften heran, landet Indien bereits auf Platz 13. Bei der Zahl der Programmierer/innen liegt Indien auf dem zweiten Platz der globalen Statistik, hinter China und vor den USA. Und beim Zuwachs an Software-Personal befindet sich das Land sogar an der Spitze.

Das IT-Dienstleistungen ein Exportschlager Indiens sind, ist nicht neu. Beim IT- und Business Process Management kamen die indischen Unternehmen 2022 auf einen Umsatz von 227 Mrd. US-Dollar. Davon entfielen fast 70 Prozent auf den Export. Der indische KI-Markt gehört zu den dynamischsten der Welt. Bis zum Jahr 2027 sollen im Bereich der künstlichen Intelligenz fast 20 Mrd. US-Dollar erwirtschaftet werden, was einem Wachstum zwischen 25 und 35 Prozent in den kommenden drei Jahren entspricht.

Bereits vor dem Einsetzen des KI-Booms unterzog sich der indische IT-Sektor einer tiefgreifenden Transformation. Laut Dezan Shira & Associates, einem indischen Analysedienstleister, richtet sich die IT-Branche in Indien entlang vier großer Entwicklungslinien neu aus: Social Media, Mobile Computing and Devices, Data Analytics and Cloud Computing. Damit wollen die indischen IT-Unternehmern noch attraktiver werden für globale Outsourcing Prozesse, die bereits heute oft Indien als Ziel haben.

Während die Planwirtschaftsphase Indiens zwischen den 1950er und 1980er Jahren eher durchwachsene Ergebnisse brachte, hat die strategische Perspektive des Staatssektors im Bereich Forschungs- und Innovationsförderung durchaus Vorteile. Das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus in Indien, DWIH, sieht Indien als aufstrebenden Akteur in der globalen F&E-Landschaft. Treiber hierfür ist eine dezidierte Steuerung des Staates mittels sogenannter „Priority Areas“ wie beispielsweise Nanotechnologie oder KI-Anwendungen.

Wir sollten also durchaus von Indien lernen, empfiehlt Ex-Botschafter Walter Lindner. Auf alles Fälle aber sollten wir Indien nicht unterschätzen, rät er. Denn ein Land, dass die Distanz zum Mond überwinden konnte, ist in der Lage noch viel mehr zu schaffen. Deshalb: Indien im Blick behalten!

Ansprechpartner: Dr. Alexander Schumann, alexander.schumann@ostbv.de

Veröffentlicht: 13. Juni 2024

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