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MITTELSTAND / WIRTSCHAFTSENTWICKLUNG

Herausforderungen im Außenhandel – eine Einordnung aus Bankensicht

Das Außenhandelsgeschäft steht unter großem Druck. Dies signalisieren etwa die aktuellen Außenhandelsstatistiken bezogen auf das Jahr 2022. Demnach erholten sich Im- und Exporte in den deutschen Bundesländern im Vergleich zum Einbruch des Außenhandels 2020 zwar stetig, aber dennoch kränkelt der Exportweltmeister Deutschland. So verzeichnete Thüringen beispielsweise erstmals seit 1999 ein Außenhandelsdefizit und auch der gesamtdeutsche Exportüberschuss war seit 2000 nicht mehr so niedrig wie im vergangenen Jahr. Ursächlich für diese sind sicherlich vor allem die stark gestiegenen Preise, insbesondere für Energieimporte. Zugleich zeigen aber auch die grundsätzlich gewachsenen Herausforderungen des Außenhandelsgeschäfts ihre Wirkung.

Über ebendiese Veränderungen sprachen jüngst mein Kollege Arne Bergmann, Trade Finance Spezialist der Commerzbank, und Toni Grüneberg, Contract Manager der Chemieanlagenbau GmbH Chemnitz, im FokusTalk des Ostdeutschen Bankenverbandes.

Quelle: Arne Bergmann, Specialist Trade Finance, Commerzbank AG

Regulatorik und steigende Handelshemmnisse als Risikofaktoren eines erfolgreichen Auslandsgeschäftes

 

Im Ergebnis des FokusTalk zeigt sich, die unsichere weltwirtschaftliche Lage lässt Risikofreudigkeit von Unternehmen und Sicherungsgebern sinken. Insgesamt gilt es, sich gerade jetzt mit einer großen Zahl an Sanktionen und Embargo-Maßnahmen zu beschäftigen.  Die Veränderung der geopolitischen Lage in Europa trifft dabei die ostdeutschen Unternehmen, historisch begründet, umso stärker. Hierbei zeigen viele Mittelständler, so auch die Chemieanlagenbau Chemnitz GmbH, dass eine Umorientierung (auch schon seit 2014) erfolgte und man agil auf Disruptionen reagieren kann. Dabei können auch Märkte in Regionen wie Südamerika und Afrika für einige Unternehmen interessant sein, sind aber noch mit vergleichweise hohen Marktbarrieren verbunden. Hier war die jüngste Delegationsreise der Bundesregierung nach Brasilien und das Bekenntnis zum Abschließen des EU-Mercosur-Freihandelsabkommens ein wichtiges erstes Signal. Es braucht aber darüber hinaus eine stetige Flankierung, finanziell zur Absicherung von Risiken aber auch politisch zur Anbahnung von beidseitig berechenbaren Geschäftsbeziehungen. Insofern sind bedarfsoptimierte Anpassungen von Förderinstrumenten auch in Richtung kleinerer Mittelstand ein wichtiger Hebel, da sie den hiesigen Unternehmen erlauben, neue Geschäftsmöglichkeiten wahrzunehmen. Ebenso bleiben Messebegleitung und Delegationsreisen ein zentrales Instrument, um erste Kontakte herstellen zu können.

Nichtsdestotrotz haben gerade kleinere Unternehmen oftmals nicht den „lange Atem“ für solche Länder – es fehlen Ressourcen und Kompetenzen. Die Europäische Union bleibt daher gerade für diese Unternehmens-Gruppe als der Hauptabsatzmarkt hochbedeutend, auch bei Neuerschließungen.

Fazit: Wir werden eine weitere Konzentration auf ebendiesen in den kommenden Jahren erleben.

Gleichermaßen steigen die Ansprüche an die Unternehmen in Bezug auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit – richtigerweise. Dennoch ist das verknüpft mit der Herausforderung, dass die wachsenden regulatorischen Anforderungen zur Überforderung der Unternehmen führen, da diese gerade für den eher kleinteilig geprägten ostdeutschen Mittelstand in seiner Vielzahl kaum umsetzbar sind. In diesen Unternehmen mit ihrer eher schlanken Personalausstattung fehlt es an Spezialist/innen mit der nötigen Zeit und Kompetenztiefe. Insofern ist die Politik deutlich gefordert, auch diesen Marktteilnehmern den Zugang zum Weltmarkt durch Überregulierung nicht zu versperren – gerade um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft zu sichern.

Quelle: Arne Bergmann, Specialist Trade Finance, Commerzbank AG

Die Bank als Finanzierungspartner im Außenhandelsgeschäft

In diesem fordernden Umfeld unterstützen wir als Banken den Mittelstand entlang der gesamten Lieferkette. Wir stehen einerseits als Finanzierungspartner für die Beschaffung von Betriebsmitteln und bei der Investitionsfinanzierung bereit, andererseits helfen wir mit Beratung und passenden Lösungen bei der Absicherung gegen Risiken im Außenhandelsgeschäft, wie beispielsweise Währungsschwankungen oder Lieferrisiken. Die sichere Organisation und Optimierung von internationalen Zahlungsströmen haben an Relevanz gewonnen. Die aktuelle Praxis zeigt: Gerade in diesem Bereich sind die Bedarfe der Unternehmen mit der deutlichen Zunahme geopolitischer Unsicherheiten nochmals gestiegen.  Hier begleiten die Banken mit Knowhow, eigenen Repräsentanten im Ausland und einem Netzwerk aus Partnern bei der Expansion in neue Märkte. Insgesamt aber erfordern die Geschwindigkeit und zunehmende Komplexität der Veränderungen ein immer schnelleres Agieren, auch von Seiten der Bank.  Flexiblere Unterstützung sowie spezifischere Beratung werden immer wichtiger werden, um weiterhin bedarfsgerecht unterstützen zu können.

Eine Aufgabe, der wir uns aber gerne stellen.

„Der Außenhandel steht unter Druck. Wachsende Unsicherheiten erfordernd deutlich mehr  Risikofreudigkeit von Unternehmen und Sicherungsgebern. Steigende regulatorische Anforderungen fordern die hiesigen Unternehmen in zunehmendem Maße. In diesem anspruchsvollen Umfeld stehen wir Banken dem Mittelstand mit Knowhow und Lösungskompetenz entlang der gesamten Lieferkette zur Seite.“

Dirk Stoffregen

  • Leiter der Niederlassung Erfurt, Mittelstandsbank Mitte/Ost
    Commerzbank Aktiengesellschaft
  • Vorsitzender des Wirtschafts-und Kreditpolitischen Ausschusses des OstBV

 

Veröffentlichung: 21. April 2023

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