#FRIDAYTHOUGHTS

Komplexe Wärmewende braucht erfahrene Finanzierer

Heute von:

Andrea Riesberg

  • Managing Director / Leiterin Geschäftskunden | Region Ost | Deutsche Bank AG
  • Mitglied im Wirtschafts- und Kreditpolitischen Ausschuss des Ostdeutschen Bankenverbandes e.V.

Mit dem „Heizungsgesetz“ ist die klimapolitische Neuausrichtung von Bauen und Gebäudewirtschaft in den Fokus öffentlichen Interesses gerückt. Im Ergebnis monatelanger Diskussionen und zahlreicher Anpassungen sollen nun mit Sieben-Meilen-Stiefeln Neubauten und Bestandsgebäude einen kräftigen Beitrag zur CO2-Einsparung leisten. Nachdem das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts Ende 2023 noch einmal Turbulenzen in die das Heizungsgesetz begleitende Förderung brachte, lichten sich immer mehr die Nebel über der neuen Lage für Bauherren und Hausbesitzer. Die Komplexität beim Zweiklang von Bauwirtschaft und Klimapolitik aber bleibt vorerst bestehen. Was hilft, sind Strategien entlang des Einzelfalls. Die Banken haben hier eine profunde Erfahrung und stehen als Partner bereit.

Seit 1. Januar dieses Jahres ist die zweite Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) in Kraft. Während die erste Neufassung mit Wirkung ab dem 1. Januar 2023 als zentralen Punkt das Anheben des Energieeffizienzstandards von 75 Prozent auf 55 Prozent eines Referenzgebäudes enthielt, will Novelle Nummer zwei vor allem die Umstellung auf CO2-sparende Heiztechnik vorantreiben. Diese Neufassung ist daher auch als „Heizungsgesetz“ bekannt.

Die Verzahnung von Energiepolitik im Bau- und Gebäudebereich auf der einen und Klimapolitik auf der anderen Seite macht Sinn, wenn man sich die Zahlen anschaut. Der Gebäudesektor zeichnet in entwickelten Volkswirtschaften je nach Perspektive für 30 bis 40 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Diese Werte nach unten zu bringen, wird nur gelingen, wenn der in Gebäuden verwendete Energiemix zu großen Teilen CO2-arm ist, d.h. aus erneuerbaren Quellen stammt. Energiewende und Wärmewende sollen Hand in Hand gehen. Dementsprechend schreibt das neue GEG vor allem strombasierte Anlagen für Heizung und Warmwasserbereitung vor bzw. einen Mix mit aktuell noch fossiler, aber später wasserstoffbasierter Technologie. Der Teil fossiler Quellen soll dabei wenigstens einen niedrigen CO2-Ausstoß aufweisen. Zusätzlich mildert die Nutzung von gebäudenah erzeugter erneuerbarer Energie die Gesetzesauflagen.

Die Aufgabe, welche der Gesetzgeber der Immobilienbranche stellt, ist gigantisch. Bis 2045 sollen die Heizungen in rund 30 Millionen Gebäuden umgestellt werden. Doch eine neue Heizung in einem unsanierten Gebäude macht wenig Sinn. Also kommen Maßnahmen an der Gebäudehülle hinzu. Das alles in einer wirtschaftlichen Situation, die von strukturellen Problemen wie Bürokratiebelastung (gerade im Mietwohnungsbereich) und Fachkräftemangel gekennzeichnet ist. Die zwar im Vergleich zu den Vorjahren sinkende, doch immer noch hohe Teuerung, auch im Baubereich, trägt ein weiteres Problem-Puzzleteil hinzu.

Die im GEG eingeräumten Übergangsfristen sowie die Koppelung der Geltung von GEG-Regelungen an das Vorliegen kommunaler Wärmeplanungen haben erst einmal dazu geführt, dass Gas- und Ölheizungen im vergangenen Jahr die Umstellungs-Top-Ten hierzulande anführten. Die Skepsis der Hausbesitzer bedeutet jedoch: Jede 2023 umgestellte Heizung wird bis Ende 2044 weiterlaufen – mit fossilen Energieträgern.

Auch eine aktuelle Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) enthüllt eine enorme Reserviertheit der Immobilienbesitzer gegenüber der Wärmewende. Mehr als die Hälfte der Kleinvermieter (sie vereinen auf sich zwei Drittel des Mietwohnungsbestandes in Deutschland) planen derzeit keine Sanierungs- oder Umstellungsprojekte. Während knapp über 70 Prozent der befragten Kleinvermieter als Grund angeben, sie sähen hierfür zurzeit keine Dringlichkeit (wobei auch an dieser Stelle die im Absatz zuvor angeführten GEG-Übergangsfristen wirksam werden dürften), spielen für 56 Prozent hohe Kosten eine Rolle sowie für 37 Prozent die Komplexität der Gesetzeslage.

Der Wunsch nach einfacherer Durchdringbarkeit dürfte sich sicher auch auf das Förder-System beziehen, das mit dem Heizungsgesetz verbunden ist. Denn ohne Zuschüsse wird sich wenig bewegen angesichts der Tatsache, dass nur 11 Prozent der Vermieter hierzulande Mieteinnahmen von mehr als 20.000 Euro pro Jahr erzielen. Wärmewende-Projekte aus dem Cash-Flow oder aus eigenen Rücklagen zu finanzieren, können nur die wenigsten.

Damit ist es unabdingbar, einen starken und erfahrenen Finanz-Partner an seiner Seite zu haben. Die privaten Banken verfügen über profundes Know-how in Sachen Sustainable Finance – nicht zuletzt in der Immobilienfinanzierung bzw. dem Gebäudebereich. Sicher lässt sich aktuell einwenden, dass die Zins-Landschaft eher mehr Grund fürs Abwarten als fürs Handeln darstellt. Aber eine Wende ist nicht erst in weiterer Zukunft absehbar, sondern mit Blick auf die kommenden zwölf bis 18 Monate. Warum also die Zeit nicht schon einmal nutzen, sich näher Gedanken zu machen, wie bei den eigenen Immobilien die Umsetzung des Heizungsgesetzes gelingen kann.

Aus unserer Sicht absolut notwendig ist eine Einzelfall-Betrachtung – und zwar auf der Grundlage von Energieberatungsexpertise. Dass nach dem Stopp der Beratungsförderung zur Sondierung der Haushaltslage hier die Gelder wieder fließen, ist eine gute Nachricht. Denn ohne einen Individuellen Sanierungsfahrplan, wie ihn Energieberater in dieser Startphase erstellen, geht aus Sicht der privaten Banken so gut wie gar nichts. Er zeigt die Notwendigkeiten für die Sanierung und Umstellung auf und das in machbaren Etappen.

Dieser Fahrplan bildet also das Fundament, auf welches dann die weiteren Bausteine wie finanzielle Spielräume, Priorität der Anpassungsmaßnahmen, ihre Effekte für Attraktivität und Liquidität der Objekte, Wechselspiel von technischen und baulichen Veränderungen usw. aufgeschichtet werden. Unter dem Strich steht ein machbarer und finanzierbarer Weg zu mehr Klimaneutralität im Gebäudebereich.

An dieser Stelle sei hier ein ganz konkreter Finanzierungsfall beschrieben. Die Inhaber eines produzierenden Unternehmens hatten sich dazu entschieden, eine PV-Anlage auf dem Produktionsgebäude zu installieren. Die gewonnene Energie wird für die eigene Produktion genutzt und somit macht sich der Ertrag aus der PV-Anlage in sinkenden Energie- und damit Betriebskosten des Unternehmens deutlich bemerkbar. Die Finanzierung der Anlage wurde auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens abgestellt. Die reduzierten Energiekosten wirken sich positiv auf den cash-flow aus, so dass damit der erforderliche Kapitaldienst unproblematisch erbracht werden kann.

Das Beispiel zeigt: Auf mehr Nachhaltigkeit im Gebäudesektor muss man nicht warten. Die Komplexität wird kaum größer und beim Finanzierungsumfeld stehen die Zeichen eher auf Besserung. Die Banken stehen für Beratung in Sachen Wärmewende bereit.

Veröffentlichung: 4. April 2024

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