#FridayThoughts
ESG – Soziale Nachhaltigkeit als Erfolgsfaktor für Unternehmen
Von Dr. Martin Schunk und Dirk Wetzig
ESG steht für Environmental (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung). Damit werden die nachhaltigkeitsbezogenen Verantwortungsbereiche eines Unternehmens umfassend dargestellt. Der Umweltaspekt betrachtet den Einfluss des Unternehmens auf die Natur, der soziale Aspekt bezieht sich auf den Umgang mit Mitarbeitenden, Kunden und der Gesellschaft, und Governance bewertet die Qualität der Unternehmensführung sowie deren Transparenz und Integrität.

Quelle: wetando Unternehmensberatung
CSRD und Omnibus-Initiative der EU-Kommission
In Deutschland sind Unternehmen zunehmend verpflichtet, umfassende Aspekte ihrer Geschäftstätigkeit transparent zu machen. Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU erweitert die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung mit einheitlichen europäischen Standards, den European Sustainability Reporting Standards. Ziel der CSRD ist es, Transparenz, Qualität und Vergleichbarkeit von Nachhaltigkeitsinformationen zu erhöhen, um Investoren, Verbrauchern und anderen Stakeholdern fundiertere Entscheidungen zu ermöglichen und die nachhaltige Entwicklung innerhalb der EU zu fördern.
Im Zuge ihrer „Simplification Agenda“ setzt die Europäische Kommission auf sogenannte Omnibus-Initiativen. Damit sollen jeweils mehrere Regularien auf einmal angepasst werden. Am 26. Februar 2025 hat die Kommission mit dem ersten Omnibus-Paket (Omnibus I) Vorschläge zur Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichtspflichten veröffentlicht. Sie bringen wichtige Änderungen auch für die CSRD mit sich.
Dazu gehört, die Einführung der CSRD für große Unternehmen und kapitalmarktorientierte KMUs, die ab 2025 berichtspflichtig gewesen wären, um zwei Jahre zu verschieben. Dieser Vorschlag hat bereits EU-Parlament und -Rat passiert und ist am 17. April 2025 in Kraft getreten. Die ersten Berichte müssen daher erst in den Jahren 2028 beziehungsweise 2029 veröffentlicht werden.
Inhaltlich hat die Kommission unter anderem die Einschränkung des Anwenderkreises der CSRD vorgeschlagen. Demnach müssten künftig nur noch Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden (bisher 250) und entweder über 50 Millionen Euro Jahresumsatz oder einer Bilanzsumme von über 25 Millionen Euro berichten – unabhängig von ihrer Rechtsform. Die Vorschläge werden auf europäischer Ebene derzeit kontrovers diskutiert. Mit einer Einigung wird voraussichtlich Ende des Jahres gerechnet.
Zudem sollen die European Sustainability Reporting Standards (ESRS), die maßgebend für den Umfang und damit den Aufwand der Berichterstattung sind, umfassend überarbeitet werden. Ziel ist es, den Aufwand für berichtspflichtige Unternehmen deutlich zu reduzieren. Erste Vorschläge dazu werden für Oktober 2025 erwartet.
European Sustainability Reporting Standards, Eigene Belegschaft (ESRS S1)
Der ESRS S1-Standard ist ein zentrales Element der CSRD und fokussiert sich auf die sozialen Aspekte der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Er umfasst Maßnahmen im Zusammenhang mit den Arbeitskräften des Unternehmens, Verfahren zur Einbeziehung von Arbeitnehmervertretenden, Diversität, angemessene Entlohnung, Weiterbildung und Kompetenzentwicklung, Gesundheitsschutz und Sicherheit sowie Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben.
Bedeutung der sozialen Dimension von ESG
Während Nachhaltigkeit in der öffentlichen Wahrnehmung häufig auf Umweltaspekte reduziert wird, bietet auch die soziale Säule von ESG Unternehmen vielfältige Ansatzpunkte zur Verbesserung ihrer Performance und ermöglicht insbesondere eine Steigerung der Arbeitgeberattraktivität.
Studien zeigen, dass soziale Nachhaltigkeit Unternehmen unmittelbar nützt: Bewerbende bevorzugen sozial verantwortliche Unternehmen, zeigen eine höhere Bewerbungsbereitschaft und nehmen eher Stellenangebote solcher Unternehmen an (Greening & Turban, 2000; Magbool et al., 2016). Weiterhin steigert soziale Nachhaltigkeit die Arbeitgeberattraktivität sowie positive Einstellungen und Verhaltensweisen der Mitarbeitenden (Schmitz & Isidor, 2017).
Investitionen in die persönliche und fachliche Entwicklung der Mitarbeitenden sowie die Förderung von Vielfalt und Inklusion erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Unternehmen, die flexible Arbeitsmodelle und ein umfassendes Gesundheitsmanagement anbieten, können die Work-Life-Balance ihrer Beschäftigten verbessern und auch deren Zufriedenheit und Bindung an das Unternehmen steigern. Diese Maßnahmen tragen auch dazu bei, talentierte Fachkräfte zu gewinnen und langfristig zu halten, was letztendlich die Innovationskraft und den Unternehmenserfolg fördert.
Praxisbeispiel: Soziale Nachhaltigkeit bei der Commerzbank
Die Commerzbank hat erkannt, welche zentrale Rolle soziale Faktoren für den langfristigen Unternehmenserfolg spielen – insbesondere im Hinblick auf Arbeitgeberattraktivität, Mitarbeitendenbindung und Diversität. Deshalb hat die Bank soziale Aspekte in ihre Unternehmensstrategie integriert und setzt gezielt Maßnahmen um, mit dem Ziel Herausforderungen wirksam zu begegnen und attraktive Rahmenbedingungen für ihre Mitarbeitenden zu schaffen:
Diversität und Inklusion
Die Commerzbank hat Diversity-&-Inclusion-Standards sowie entsprechende Betriebsvereinbarungen fest verankert und sich unter anderem zum Ziel gesetzt, den Anteil von Frauen in Führungspositionen bis 2030 auf 40 Prozent zu erhöhen. Zentrale Elemente sind eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Diskriminierung und die Förderung von Chancengleichheit. Ein Beispiel für das Engagement ist die Arbeit von sieben Beschäftigtennetzwerken, die sich unter anderem mit Themen wie sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität, Pflege, Behinderung, Religion, Frauenförderung und kultureller Herkunft befassen.
Inklusion von Menschen mit Behinderungen
Mit dem Aktionsplan Inklusion 2.0 verfolgt die Commerzbank sieben strategische Handlungsfelder. Ein Schwerpunkt liegt auf der barrierefreien Gestaltung digitaler Angebote bis 2025. In ihrer Vorreiterrolle wurde die Bank 2024 mit dem Inklusionspreis der Wirtschaft ausgezeichnet.
Mitarbeitendeneinbindung und -vertretung
Die Interessenvertretung der Belegschaft wird durch eine Vielzahl von Gremien wahrgenommen, darunter der Gesamtbetriebsrat und verschiedene Vertretungsorgane. Zusätzlich wird mindestens einmal jährlich eine Mitarbeitendenumfrage zur Zufriedenheit durchgeführt, um Feedback systematisch zu erfassen (siehe auch nächster Punkt).
Engagement-Messung
Seit 2024 erhebt die Commerzbank jährlich den Employee-Engagement-Index, der auf vier Merkmalen basiert: Motivation, Spaß an der Arbeit, Stolz auf den Arbeitgeber und Bereitschaft zur Weiterempfehlung. Der Employee-Engagement-Index liegt inzwischen bei 75 Punkten. Damit hat sich die Commerzbank gegen den Trend verbessert und liegt auf dem Niveau der entsprechenden RACER-Benchmark aller beteiligten Unternehmen.
Kultur der Integrität
Nachhaltiges und integres Handeln fördert das Vertrauen in die Bank an der Seite der Kundinnen und Kunden, als Arbeitgeber, Geschäftspartner, Unternehmen und wichtiger Teil der Gesellschaft. Integres und verantwortungsvolles Verhalten ist daher einer der stärksten Treiber für eine positive Reputation und damit für den Erfolg am Markt.
Weiterbildung und Kompetenzentwicklung
Die Commerzbank bietet umfassende Qualifizierungs- und Weiterentwicklungsformate an. Unter anderem steht mit „Lernzeit+” ein frei verfügbares Arbeitszeitkontingent zur persönlichen Weiterentwicklung zur Verfügung, das digitales und selbstgesteuertes Lernen unterstützt.
Work-Life-Balance und Gesundheit
In ihrem betrieblichen Gesundheitsmanagement bietet die Commerzbank zielgruppengerechte Maßnahmen zur körperlichen und mentalen Gesundheit. Betriebsvereinbarungen wie die „Rückkehrgarantie” nach der Elternzeit oder die „Neue Pflegebausteine” schaffen Planungssicherheit für Betroffene.
Faire Vergütung
Flexible Arbeitszeitregelungen und transparente Entgeltstrukturen sind wichtige Faktoren für eine leistungsgerechte Vergütung. Dabei geht es auch darum, dass die Vergütungsmodelle am langfristigen Unternehmenserfolg orientiert sind. Vergütungsstrategie und -systeme tragen insbesondere dazu bei, Fehlanreize zu vermeiden.
Fazit:
Durch die umfassenden Maßnahmen im Bereich der sozialen Nachhaltigkeit stärkt die Commerzbank ihre Position als attraktiver Arbeitgeber und fördert gleichzeitig die langfristige Unternehmensentwicklung im Einklang mit den ESG-Kriterien.
Auch für viele mittelständische Unternehmen ist ein entsprechendes Engagement ein entscheidender Erfolgsfaktor. Zugleich kann das Wirken beispielgebend im zunehmenden Wettbewerb um Fachkräfte sein.
“Nachhaltigkeit darf nicht nur auf Umweltaspekte reduziert werden. Vor allem die Erfüllung sozialer Kriterien bietet Unternehmen Chancen zur Steigerung ihrer Performance. Zudem wirken sie unmittelbar positiv auf die Arbeitgeberattraktivität.”

“Gerade im Bankgeschäft kommt es auf Beziehungen, Begeisterung und Kompetenz an. Nur mit zufriedenen und engagierten Mitarbeitenden gelingt es, im Wettbewerb zu bestehen. Soziale Faktoren sind daher mehr als nur ein Punkt für das Reporting, sie sind essenziell für den Unternehmenserfolg.”
Dirk Wetzig
Managing Director
Privat- und Unternehmerkunden
Gebiet Dresden Unternehmerkunden
Commerzbank Aktiengesellschaft

Weitere Quellen:
Greening, D. Turban (2000). Corporate Social Performance As a Competitive Advantage in Attracting a Quality Workforce
Mohamad Abu Huzaifah bin Magbool, A. Amran, M. Nejati, K. Jayaraman (2016). Corporate sustainable business practices and talent attraction
Eva A Schmitz, Rodrigo Isidor (2017). Does corporate social performance help to attract and retain employees – a meta-analytical review
Veröffentlicht: 6. Juni 2025
Bleiben Sie informiert! Jetzt haben Sie die Möglichkeit, sich in unseren Verteiler eintragen zu lassen. Somit sind Sie immer auf dem Laufenden, was Ostdeutschland bewegt.
